24. Oktober 2009

Besuch im Lande Biotopia

Die meisten werden ihn kennen, den Fein & Köstlich Käsetempel in der Kleinen Ulrichstraße: „Biotopia“
und den dazugehörigen Obst- und Gemüsestand auf dem Halleschen Markt.

Eine freundlich Atmosphäre, scheinbar unbegrenzte Kenntnis ihrer Käsesorten und die leckersten Bio – Dinkelbrötchen lassen uns immer wieder gern im Laden oder am Markt vorbeischauen.
Da haben wir Lust bekommen mal dort vorbeizuschauen, wo die Lebensmittel tatsächlich ihren Anfang nehmen – und das ist gar nicht so weit weg:
Ladeninhaberin Birgit Rufer und ihr Mann Klaus Feick betreiben einen Biolandhof ca. 1,25 Stunden nordwestlich von Halle im Mansfelder Land.
An einem Donnerstag, Mitte Juli machten wir uns voller Fragen auf den Weg.

Woher genau kamen eigentlich unsere täglichen Lebensmittel?
Wie sieht es auf so einem Hof mit Milchkuhhaltung überhaupt aus?
Haben die Kühe wirklich Auslauf?
Was macht der Biobauer genau gegen Schädlinge?
Wie und wo wird gelagert, verpackt und gebacken?

Angekommen im Winkel 7, Greifenhagen, wurden wir von Klaus Feick begrüßt.
Nach einer kurzen Vorstellung ging es los - zu Fuß auf die Gemüsefelder – Betätigungsfeld Frau Rufers.
Ein riesiges Feld jenseits einer reinen Hobby – Gärtner – Beschäftigung. So müssen gerade zur Erntezeit bis zu 4 zusätzliche Helfer eingestellt werden. Kohlrabi, Broccoli, Blumenkohl, Lauch und vieles mehr, die durch ausreichend Abstand gut belüftet und gesonnt werden, sodass sich Schädlinge oder Pilze hier erst gar nicht wohl fühlen.
Leider hat dies im Kampf gegen die Schwebfliege, die Gemüsebauern in ganz Deutschland dieses Jahr Schwierigkeiten machte, nichts genutzt. So schaffte es denn auch die Ernte von heimischem Blumenkohl und Broccoli kaum bis auf den Halleschen Markt.


Weiter über Getreide- und Futterkleefelder ging es Richtung Kuhstall.



Währenddessen bestürmten wir Klaus mit Fragen, die er in Ruhe und ausführlich beantwortete.
Natürlich interessierte uns brennend, was ihn dazu bewegt hatte, auf den ökologische Landwirtschaft umzuschwenken?
„Als meine Eltern einmal verreisten, sollte ich die Aussaat des Getreides übernehmen.
Im konventionellen Anbau sind die Körner ja gebeizt, um Schädlingsbefall zu verhindern. Ohne groß darüber nachzudenken, habe ich ohne Handschuhe oder Schutzkleidung gearbeitet und am Ende des Tages waren meine Arme, Hals und Gesicht mit einem schrecklich kratzenden Ausschlag bedeckt.
Da war für mich Schluss. Das konnte ja nicht sein.
Den Rest der Felder habe ich dann einfach heimlich mit ungebeizten Körner bestellt - und ?
Die Ernte ist nicht anders ausgefallen als sonst!“

So landeten wir schließlich etwas außerhalb des kleinen Dorfes bei den Kühen.


Hier lagerten auch die landwirtschaftlichen Maschinen, riesige, Respekt einflößende Geräte.
Bei den Kühen blieben wir eine ganze Weile, nicht zu letzt wegen den Kälbchen.

Unweit der Ställe befanden sich, unter drei großen Zelt geschützt, die etwas empfindlicheren Gewächse wie Tomaten und Gurken.


„Wenn wir Kunden, die nach Freiland – Tomaten fragen, erklären wollen, dass unsere Tomaten zwar unter Planen wachsen, weil es bei den klimatischen Gegebenheiten schwer anders machbar ist, ernten wir selten Verständnis. Ist es nun Freiland oder Gewächshaus?
Leider weder noch und verschweigen wollen wir auch nichts gegenüber unsere Kunden."
Dabei wachsen die Pflanzen ganz normal auf regionalem Boden, keine extra Erde und natürlich schon gar kein Substrat. Nur darüber gespannt die Zelte, die an der Vorder- und Rückseite offen sind, sodass der Wind zur Belüftung durchziehen kann.

Das die Verbraucher oft noch dem Bild vom vollkommenen Supermarkt – Gemüse nachhängen, zeigt z.B. auch die Auswahl bei den Gurken: „Als letztes liegen immer noch die Krummen oder unregelmäßig Dicken, dabei sind die in keiner Weise schlechter.“

Auch die Nützlinge in der Gemüsepflanzenflora machen den Kunden zu schaffen. Marienkäferlarven ernähren
sich von den Gurkenfrüchten, wobei sie in der Schale eine marmorierende Fraßspur hinterlassen, die später,
wenn sich die Schale mit dem Wachstum der Frucht ausdehnt, größere hellbraune Flecken bildet. Dem Gesundheits- und Nährwert der Gurke überhaupt nicht abträglich, für den Käufer aber irritierend, weil er soetwas aus dem Supermarkt nicht gewöhnt ist.




„Ich habe dann einfach ein Bild vom Marienkäfer neben dem Gemüse platziert und beschrieben wie wichtig er für die natürliche Schädlingsbekämpfung sei. Im Gegenzug ernähre er sich eben von den Pflanzen. Das fanden die Leute dann niedlich und plötzlich hatte niemand mehr ein Problem mit den Flecken.“

Hungrig, etwas nass (zwischendurch gab es immer wieder mal einen Regenschauer) und ein bisschen erschöpft geht es über die Felder zurück.



Das Semester war zu Ende, die Prüfungen geschrieben – wir würden uns heute einen gemütlichen Abend gönnen.
Herr Feick musste wieder an die Arbeit.
„Man darf nie denken, jetzt hab’ ich’s geschafft, alles ist aufgebaut und so. Es gibt immer wieder Neuerungen und Erkenntnisse, die einem weiterhelfen könnten, grad wenn es um stabile Erträge geht. Ich muss mich ständig weiterbilden, umhören und nach Chancen suchen, sonst fällt man zurück und alles was wir aufgebaut haben, geht verloren“.

Was wäre denn, wenn er den Bioanbau wieder aufgeben müsse, würde er zur konventionellen Landwirtschaft zurückkehren?
„Das ist eigentlich nicht möglich, schon rein ideologisch.“ Herr Feick seufzt. „Aber es wäre definitiv ein riesiger Rückschritt.“

Aus sicherer Quelle hatte wir erfahren, dass man ihrem Mann mit einem guten Wein eine Freude bereiten könnte und so bedanken wir uns mit einem sommerlich leichten Rotwein – natürlich aus Bioproduktion.

http://www.biotopia-greifenhagen.de/

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